Einreisesperre nach § 11 AufenthG

Verkürzung oder Aufhebung der Einreisesperre in 2025

Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, oft als Einreisesperre bezeichnet, ist eine der gravierendsten aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen. Sie wird in der Regel als Folge einer Abschiebung, Zurückschiebung oder einer Ausweisung verhängt und hindert Betroffene für einen festgelegten Zeitraum daran, legal nach Deutschland zurückzukehren. Trotz der scheinbaren Endgültigkeit dieser Maßnahme bietet das deutsche Recht klare Wege, um eine solche Sperre zu verkürzen oder unter bestimmten Umständen sogar vollständig aufzuheben. Dieser Artikel erläutert die rechtlichen Voraussetzungen, die entscheidende Rolle sogenannter „schutzwürdiger Belange“ und bietet strategische Überlegungen für einen erfolgreichen Antrag zur Aufhebung des Einreiseverbots.

Die rechtliche Grundlage: Was ist eine Einreisesperre nach § 11 AufenthG?

Zweck und Dauer des Verbots

Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 AufenthG ist die zwingende Rechtsfolge, die auf eine Abschiebung oder Zurückschiebung folgt. Sein primäres Ziel ist die Sicherung der öffentlichen Ordnung und die Steuerung der Migration.
Die Dauer der Sperre wird von der zuständigen Ausländerbehörde von Amts wegen befristet. Gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG darf die Frist in der Regel fünf Jahre nicht überschreiten. Diese Regelung steht im Einklang mit europäischem Recht (vgl. EuGH, Urteil vom 19.9.2013 – C-297/12). In Fällen, in denen von dem Betroffenen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, beispielsweise aufgrund von Straftaten, kann die Frist auch auf zehn Jahre oder in Ausnahmefällen sogar länger festgesetzt werden.

Die weitreichenden Folgen: Mehr als nur ein Einreiseverbot

Die Konsequenzen einer Einreisesperre sind tiefgreifend und gehen über ein reines Abschiebung Einreiseverbot hinaus. Während der Geltungsdauer ist es dem Betroffenen nicht nur untersagt, in das Bundesgebiet einzureisen, sondern auch, sich darin aufzuhalten oder einen Aufenthaltstitel (z. B. ein Visum) zu erhalten.
Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Speicherung des Verbots im Schengener Informationssystem (SIS). Dieser Eintrag führt dazu, dass dem Betroffenen die Einreise in den gesamten Schengen-Raum verweigert werden kann, was die Freizügigkeit in Europa massiv einschränkt.

Der Weg zur Aufhebung: § 11 Abs. 4 AufenthG als entscheidende Norm

Der Antrag auf Verkürzung der Einreisesperre: Voraussetzungen und „schutzwürdige Belange“

Das Gesetz selbst sieht mit § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ein Instrument vor, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden. Auf Antrag kann die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt oder die Sperre gänzlich aufgehoben werden, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Betroffenen erforderlich ist oder der Zweck der Sperre entfallen ist.

Die Definition der schutzwürdigen Belange nach dem Aufenthaltsgesetzist der Schlüssel zum Erfolg. Hierzu zählen insbesondere:

  • Familiäre Bindungen:

    Der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist das stärkste Argument. Dies gilt vor allem, wenn ein deutscher oder in Deutschland lebender Ehepartner oder minderjährige Kinder von der Trennung betroffen sind und ein gemeinsames Familienleben im Ausland nachweislich nicht zumutbar ist.

  • Gesundheitliche Gründe:

    Schwere, behandlungsbedürftige Erkrankungen, deren medizinische Versorgung im Herkunftsland nicht gewährleistet werden kann, können als schutzwürdiger Belang anerkannt werden.

  • Wegfall des Ausweisungsgrundes:

    Hat sich die ursprüngliche Gefahrenprognose geändert, weil z.B. eine Straftat lange zurückliegt und der Betroffene sich seither tadellos verhalten hat, kann dies für eine Verkürzung sprechen.

  • Positive Integrationsprognose:

    Nachweise über eine frühere gelungene soziale oder berufliche Integration in Deutschland können die Entscheidung positiv beeinflussen.

Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde: Ein Balanceakt

Die Entscheidung über die Verkürzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde. Dies bedeutet, dass die Behörde keinen starren Regeln folgt, sondern eine umfassende Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Sperre und den privaten, schutzwürdigen Belangen des Antragstellers vornehmen muss. Das Ausländerbehörde Ermessen wird von folgenden Faktoren geleitet:

  • Schwere des ursprünglichen Verstoßes:

    Die Gründe, die zur Ausweisung führten, spielen eine zentrale Rolle.

  • Verhalten nach der Ausreise:

    Eine freiwillige und fristgerechte Ausreise, die Kooperation bei der Passbeschaffung oder die Begleichung von Abschiebungskosten können sich positiv auswirken.

  • Überzeugende Darlegung:

    Die vorgebrachten schutzwürdigen Belange müssen substantiiert und glaubhaft nachgewiesen werden.

Einreisesperre Verkürzen: Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag

Die richtige Begründung und Unterlagen

Ein Antrag auf Verkürzung muss sorgfältig vorbereitet und lückenlos dokumentiert sein. Pauschale Behauptungen genügen nicht. Erforderlich sind konkrete Nachweise wie:

  • Heirats- und Geburtsurkunden
  • Nachweise über das gemeinsame Sorgerecht
  • Aktuelle ärztliche Atteste und Behandlungspläne
  • Arbeitsverträge oder Schulbescheinigungen von Familienangehörigen in Deutschland
  • Belege über eine freiwillige Ausreise (z.B. Flugtickets)

Es ist oft unerlässlich, zunächst Akteneinsicht zu beantragen, um die genauen Gründe für die Sperre und deren Dauer zu verstehen und die Argumentation gezielt darauf aufzubauen.

Die Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 AufenthG:

Eine temporäre Lösung

Für kurzfristige, zwingend erforderliche Anlässe (z.B. die Teilnahme an einem Gerichtstermin oder die Beerdigung eines nahen Angehörigen) kann trotz bestehender Sperre eine Betretenserlaubnis beantragt werden. Diese stellt jedoch keine dauerhafte Lösung dar und wird von den Behörden nur sehr restriktiv erteilt. Sie ersetzt nicht den Antrag auf Verkürzung der Sperre.
“Aktuelle Rechtsprechung: Bundesverwaltungsgericht stärkt Rechte Betroffener (Urteil vom 24.03.2025)

Die Kernaussage des Gerichts: Kein Einreiseverbot ohne Rückkehrentscheidung”

In einer wegweisenden Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 24. März 2025 (Az. 1 ... die Rechte von Betroffenen erheblich gestärkt. Das Gericht stellte klar, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG unionsrechtskonform eine wirksame Abschiebungsandrohung oder Abschiebung voraussetzt. Eine „isolierte Sperre“, die losgelöst von einer vollziehbaren Rückkehrentscheidung verhängt wird, ist demnach nicht rechtmäßig. Das BVerwG Einreiseverbot 2025-Urteil betont die untrennbare Verbindung zwischen der Ausreiseverpflichtung und dem Einreiseverbot.

Was bedeutet das für Ihren Fall?

Diese Rechtsprechung eröffnet neue strategische Möglichkeiten. Die Rechtmäßigkeit der ursprünglich gegen Sie verhängten Einreisesperre könnte nun infrage stehen, insbesondere wenn bei der damaligen Ausweisungsentscheidung verfahrensrechtliche Mängel vorlagen. Dies schafft eine neue Argumentationsbasis, um die Aufhebung der Sperre zu beantragen. Das Gericht hat zudem bekräftigt, dass die schutzwürdigen Belange des Betroffenen, wie familiäre Bindungen, selbst bei einer Ausweisung aus Gründen der Generalprävention umfassend gewürdigt werden müssen.

Fazit und anwaltliche Empfehlung

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Eine Einreisesperre ist kein unabänderliches Schicksal. Das Gesetz bietet mit dem Antrag auf Verkürzung nach § 11 Abs. 4 AufenthG einen klaren Weg, um auf Basis schutzwürdiger Belange eine Wiedereinreise nach Abschiebung zu ermöglichen. Die Chancen für eine erfolgreiche Verkürzung der Einreisesperre hängen maßgeblich von einer überzeugenden Begründung und einer lückenlosen Beweisführung ab. Die aktuelle Rechtsprechung des BVerwG hat die Position der Betroffenen zusätzlich gestärkt.

Aufgrund der Komplexität des Verfahrens, der weitreichenden Folgen und der entscheidenden Rolle der Ermessensentscheidung der Behörde wird die frühzeitige Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts dringend empfohlen. Als Ihr Anwalt für Ausländerrecht, kann ich Ihren Fall individuell prüfen, die Erfolgsaussichten bewerten und eine maßgeschneiderte Strategie entwickeln, um Ihre Interessen kompetent gegenüber der Ausländerbehörde zu vertreten. Weiterführende Informationen finden Sie auch im Ratgeber zur Einreisesperre. Zögern Sie nicht, uns für eine Erstberatung zu kontaktieren.

Kontaktieren Sie uns:

Anfrageformular