Asylrelevante Lage in Griechenland; Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des Bundesamtes

Am 06.02.3023 entschied das Verwaltungsgericht Arnsberg unter dem Aktenzeichen: 12 K 4043/22.A in einem durch unsere Kanzlei geführten Verfahren, dass die Abschiebung des Klägers nach Griechenland auszusetzen ist wegen menschenunwürdiger Lebensverhältnisse.

Der Kläger reiste 2019 aus dem Iran aus und im Jahre 2020 nach Griechenland. Laut dem EURODAC-Treffer stellte der Kläger in Griechenland einen Asylantrag. Ihm wurde von den griechischen Behörden internationaler Schutz zuerkannt. 2021 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen förmlichen Asylantrag. Das Bundesamt ordnete die Abschiebung nach Griechenland an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Zur Begründung verwies das Bundesamt dabei auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Laut der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung sei Klage innerhalb von zwei Wochen zu erheben.

Das Bundesamt ging unzulässig davon aus, dass eine Klagefrist von zwei Wochen gem. § 74 Abs, 1 Hs. 1 AsylG Anwendung findet. Vielmehr fand jedoch die Wochenfrist gemäß § 74 Abs. 1 Hs. 2 AsylG Anwendung, da der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO innerhalb einer Woche zu stellen ist. Aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung gilt die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es dem Mietgliedstaat verboten einen Antrag auf Schutz als unzulässig abzulehnen, weil der Antragssteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn einer ernsthaften Gefahr aussetzen würde, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 der Charta de Grundrechte der Europäischen Union zu erfahren.

Es besteht ernsthafte Gefahr für den Kläger im Falle einer Rückkehr nach Griechenland keine menschenwürdige Unterkunft zu finden, sondern über einen längeren Zeitraum obdachlos zu sein. Eine staatliche Zuweisung von Wohnraum existiert nicht. In Griechenland sind bereits zahlreiche internationale Schutzberechtigte obdachlos. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass der Kläger nicht in der Lage sein wird die überlebensnotwendige Versorgung finanziell abzusichern. Schließlich ist davon auszugehen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Griechenland keinen Zugang zu staatlichen Sozialleistungen hätte, mit deren Hilfe er dort sein Existenzminimum sicher könnte.

Der Asylantrag des Klägers konnte nicht nach § 29 Abs. 1 Nr.2 AsylG abgelehnt werden, da dem Kläger im Falle einer Abschiebung nach Griechenland eine ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK drohte. Der Kläger würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in Griechenland in eine Situation extremer materieller Not geraten (Brot, Bett, Seife) und seine elementarsten Bedürfnisse für einen längeren Zeitraum nicht befriedigen können.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt die Rechtsprechung dahingehend, dass die asylrelevante Lage in Griechenland eine Abschiebung gegen Menschrechte verstößt. Wir begrüßen dieses Urteil.

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