104c AufenthG – Übergangsregelungen

Die Schaffung eines Chancenaufenthaltstitels als Perspektive für Dauergeduldete als Instruments zur Vermeidung von „Kettenduldungen“ sind ausdrücklich zu begrüßen. Die Einführung des Chancenaufenthaltsgesetzes kann dazu führen, dass Betroffene, darunter viele Jugendliche, junge Erwachsene und Familien die Möglichkeit haben aufgrund von Integrationsleistungen Ihren Aufenthalt zu festigen. Dabei Ist positiv hervorzuheben, dass Familienangehörige keinen fünfjährigen Aufenthalt nachweisen müssen, um ebenfalls von der Regelung profitieren zu können (§ 104c Abs. 2 S. 1 AufenthG-E). 

Eine Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn sich der geduldete Ausländer am 01.01.2022 seit bereits fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einem Aufenthaltstitel wegen humanitären Gründen in Deutschland aufhält. Dabei wird von dem Nachweis der Lebensunterhaltssicherung, dem Identitätsnachweis, der Passpflicht und der Visumspflicht abgesehen. Erforderlich ist das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie zur Rechts- und Gesellschaftsordnung. Zudem darf die Person nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden sein. Darüber hinaus darf keine Aussetzung der Abschiebung wegen falscher Angaben oder Täuschungen über die Identität oder Staatsangehörigkeit erfolgt sein. 

Im Folgenden sollen einzelne kritikwürdige Regelungen des § 104c AufenthG-E vorgestellt werden.

Kein Identitätsnachweis erforderlich – § 104c Abs. 1 Satz 1, Satz 3 AufenthG und § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG-E

Ein Identitätsnachweis ist nicht erforderlich. Innerhalb der einjährigen Aufenthaltserlaubnis muss sich die Person, deren Identität ungeklärt ist, darum bemühen, die Identität abschließend zu klären. Da nur § 104c, nicht aber §§ 25a, 25b AufenthG die Befreiung des Identitätsnachweises vorsieht, liegt die Entscheidung über den Aufenthalt doch wieder in den Händen der Ausländerbehörde. Zudem hängen die Passbeschaffung und die Identitätsklärung auch von der Mitwirkung der Behörden des Herkunftslandes ab, was im Einzelfall zu erheblichen Problemen führen kann.

Voraufenthalt – § 104c Absatz 1 Satz 1 AufenthG-E

  • 104c Abs. 1 S. 1 AufenthG-E sieht eine Anrechnung von Zeiten mit Aufenthaltserlaubnissen nach humanitären Gründen vor. Allerdings keine Anrechnung von Aufenthaltserlaubnissen zu anderen Zwecken. Dies ist nicht zweckgemäß, denn das Chancenaufenthaltsgesetz soll grade dazu dienen, Aufenthaltsgenehmigungen nach §§ 25a und b AufenthG zu bekommen.

Straffälligkeit – § 104c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG-E 

Dieser Ablehnungsgrund schließt alle Personen von der Förderung aus, die aufgrund einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat strafrechtlich verfolgt und verurteilt worden sind. Für Jedermannsdelikte ist eine Grenze von 50 Tagessätzen festgesetzt. Diese Grenze ist so niedrig angesetzt, dass schon die Begehung von Bagatelldelikten zum Ausschluss der Aufenthaltserlaubnis führen kann. Zudem berücksichtigt die Regelung nicht, dass viele Betroffene in Gemeinschaftsunterkünften leben und unterschiedliche Kulturen, Wertvorstellungen, Traumata und hohe Frustration, bestimmte Delikte, wie etwa Körperverletzungsdelikte begünstigten. Diese Bestimmung sollte deswegen gestrichen werden. 

Stichtagregelung

Die Regelung soll nur diejenigen erfassen, die nach dem 31.12.2016 nach Deutschland eingereist sind. Damit bleibt vielen Menschen die Regelung des Chancenaufenthaltsgesetz verwehrt, die eigentlich davon profitieren sollten. Das bedeutet, dass diejenigen, die vor dem 31.12.2016 eingereist sind weiterhin „Kettenduldungen“ erhalten, sofern sie nicht die Voraussetzungen der §§ 25a, 25b AufenthG erfüllen. 

Links:

https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__104.html

https://www.buzer.de/gesetz/4752/a66047.htm

https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__25.html

https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/PRO-ASYL_Stellungnahme-zum-Entwurf-eines-Gesetzes-zur-Einfuehrung-eines-Chancen-Aufenthaltsrechts.pdf

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